So klingt Dorf - #37191 diskutiert

Ein Beitrag von Michael Heil, Suterode:

 

"An einem Sonntag Ende April waren meine Frau und ich im Garten aktiv. Wir haben ein paar kleine Büsche gepflanzt, ein Beet angelegt und eine Rasenfläche vorbereitet. Nach drei Stunden haben wir damit aufgehört. Wir waren regelrecht erschöpft . . . nicht von der Gartenarbeit, sondern von dem Verkehrslärm, dem wir die ganze Zeit ausgesetzt waren.

 

Unser Grundstück in Suterode befindet sich circa 80 Meter südlich der K 414 bzw. der Ortsdurchfahrt. Die Lage ist seit der Harztorsperrung sehr schlimm, aber auch vorher war sie schon schlimm.

 

Und das ist nicht nur subjektives Empfinden: In der letzten Aprilwoche haben wir in einem kleinen Team stundenweise Verkehrszählungen gemacht und die ermittelten Zahlen hochgerechnet. Ergebnis: Der Pendlerverkehr und der Lieferverkehr beschert uns in der Woche ca. 10.000 - 12.000 Fahrzeuge pro Tag. Und am Wochenende, wenn z. B. die Sonntagsruhe das Rasenmähen verbietet, kommen hunderte Motoradfahrer und "Lautwagenfahrer" auf die Piste.  Seit 2010 hat sich die Verkehrsbelastung in unserem Ort mehr als vervierfacht!

 

Nicht nur aufgrund der zahlreichen Facebook Kommentare bei "So geht Dorf" sondern durch viele persönliche Gespräche wissen wir, dass wir nicht die einzigen sind, die von der Verkehrsbelastung total genervt sind. Das gilt nicht nur für Suteroder, sondern das gilt sicher auch für die Bewohner anderer Orte in der Gemeinde Katlenburg-Lindau.

Leider haben viele offensichtlich resigniert und ertragen den Verkehrslärm . . .  Wir denken: Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt!

Und da geht was.

 

In Suterode ist es gelungen, innerorts Tempo 30 zu schaffen, und am westlichen Ortausgang Tempo 50/70 und ein Überholverbot. Mit einem großen Banner bedanken sich Anwohner bei denen, die das Tempolimit einhalten und verweisen auf den Sinn der Geschwindigkeitsbeschränkungen. Zugegeben: Das sind nur kleine Schritte, aber sie bringen spürbare Verbesserung, wenn sich die Verkehrsteilnehmer daran halten.

 

Und jetzt kommt der Punkt, wo man grundsätzlich argumentieren und handeln sollte:

 

Müssen die einen (die Anwohner) es eigentlich hinnehmen, dass die anderen (Motorradfahrer und Raser) ihren Spaß daran haben, die ganze Landschaft mit ihrem Motorenlärm zu bedröhnen und in ihrem Geschwindigkeitsrausch Fußgänger und Radfahrer zu gefährden? 

 

Das Grundgesetz garantiert uns in Artikel 2 die "körperliche Unversehrtheit der Person . . . " Verkehrslärm macht nachweislich krank, und es kann nicht sein, dass der Spaß an der Lärmerzeugung Einzelner auf Kosten der Anwohner geht, die sich weder wehren noch schützen können. Die Freiheit des Einzelnen hört da auf, wo die Freiheit des Anderen beginnt. Ortsdurchfahrten sind keine "Vergnügungsmeilen" für Krachmacher und Raser.

 

Das Thema Verkehrsberuhigung gehört auf die Agenda der Kommunalpolitik in der Gemeinde und im Landkreis.

 

Es gibt seit Jahren viele Bemühungen, das Leben im ländlichen Raum wieder attraktiver zu machen und die Lebensqualität dort zu erhalten bzw. zu verbessern. Es gibt Dorferneuerungsprogramme und anderes mehr. Die seit den 60-er Jahren verbreitete Kampagne "Unser Dorf soll schöner werden!" sollte abgelöst werden durch eine Kampagne "Unser Dorf muss ruhiger werden!" Und das gilt natürlich nicht nur für das Dorf Suterode sondern für viele Ortschaften.

 

Die Verantwortlichen in den Kreisen und Gemeinden (von denen ja einige im September neu gewählt werden) sollten hier sensibel für die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen sein, neu denken und anders handeln. Die Dorfbewohner werden wohl damit leben müssen, dass die Gemeinden und Dörfer von Transitstrecken für Pendler und Lieferverkehr durchzogen sind. Aber es muss darum gehen, die Verkehre insbesondere auch die Freizeitverkehre sozusagen herunter zu regeln, zu dämpfen und zu beruhigen.      

 

Eine solche kommunale Verkehrspolitik ist sehr kostengünstig umzusetzen: Ein paar Schilder und regelmäßige Kontrollen, dass die Regeln eingehalten werden. Mehr braucht es nicht. Aber es braucht die Motivation, so etwas anzupacken. Die Änderung der Straßenverkehrsordnung vom 15. Juni 2016 eröffnet den kommunalen Verkehrsbehörden neue Interpretationsspielräume um den Verkehr zu beruhigen. Diese Spielräume gilt es aufzuspüren und zu nutzen."

 

Michael Heil

  

Kritik oder Zustimmung gern an:

 

Mail: michaelheil56@t-online.de

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Kommentare: 3
  • #1

    Hans-Dietmar Kreitz (Freitag, 07 Mai 2021 13:28)

    Hallo Michael Heil,
    wie Sie richtig geschrieben haben, gibt es die unangepasste Raserei von unverantwortlichen Verkehrsteilnehmern nicht nur auf der Kreisstraße durch Suterode.
    Durch die Umleitungsstrecke über Suterode sind die Anwohner in Katlenburg und Suterode jetzt natürlich noch zusätzlich belastet.
    Zu Beginn der Umleitungsstrecke hatte ich unsere Landrätin auf eine Geschwindigkeitsbegrenzung, auch wegen der Unfallgefahr in den Kurvenbereichen, hingewiesen. Zwischenzeitlich wurde die Maßnahme teilweise, insbesondere auch gleich hinter Suterode, umgesetzt.
    Jetzt gilt es das auch entsprechend zu überprüfen.
    Unabhängig davon werde ich die Problematik noch einmal beim Landkreis ansprechen und auch im Gemeinderat müssen wir die Problematik diskutieren.
    Entscheidet ist jedoch, dass die Einsicht bei den Verkehrsteilnehmern ankommt, sich nach den Verkehrsvorschriften zu verhalten und Rücksicht auf andere Menschen zu nehmen.
    Euer Banner in Suterode trägt auch positiv dazu bei, das Verständnis der Rücksichtnahme zu fördern.

  • #2

    Tobias Grote (Freitag, 07 Mai 2021 17:57)

    Hallo Michael Heil,
    ein sehr guter Vortrag. Ich denke, der Schlüssel zum Erfolg liegt tatsächlich in der regelmäßigen Überwachung der geltenden Verkehrsregeln. Gar nicht, um abzuzocken, sondern rein präventiv. Ich bin dazu regelmäßig mit dem zuständigen Fachbereich des Landkreises Northeim im Austausch. Gerade zuletzt haben Überwachungen in Suterode, Gillersheim und Katlenburg stattgefunden. Elvershausen und Wachenhausen stehen auf der Agenda. Schon die Geschwindigkeitsanzeigen in Suterode erzielen einen messbaren Effekt und kosten nicht den Führerschein. Hier müssen die Aktivitäten deutlich ausgebaut werden, die Tafeln kosten nicht viel Geld und sollten viel mehr eingesetzt werden.

  • #3

    Uwe Ahrens (Sonntag, 09 Mai 2021 21:36)

    Ein gutes Gespräch am heutigen Tage. Ich nehme die Ideen und Anregungen gerne auf und werde diese weiter verfolgen sowie an entsprechender Stelle platzieren.